Pressespiegel KW 26/2023: Wahlen und Diplomatie
Pressespiegel 23.6.2023 bis 30.6.2023

Präsidentschaftswahlen in Sierra Leone

Am Dienstag verkündete die Wahlkommission Sierra Leones (ECSL) den Wahlsieg des amtierenden Präsidenten Julius Maada Bio, der noch am selben Tag vereidigt wurde und somit seine zweite Amtszeit antritt. Bei den Präsidentschaftswahlen am Samstag konnte sich Bio laut offiziellen Ergebnissen mit 56,17% gegen seinen Hauptkonkurrenten Samura Kamara vom All People’s Congress (APC), der 41,16% der Stimmen erhielt, durchsetzen und so eine Stichwahl verhindern. In Sierra Leone muss ein Präsidentschaftskandidat 55% der Stimmen auf sich vereinen, um die Wahl im ersten Wahlgang zu gewinnen. Kamara, Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Finanz- und Außenminister, verkündete am Montag nach der Bekanntgabe der ersten Teilergebnisse, dass er und seine Partei das Wahlergebnis nicht anerkennen werde. Bereits seit Wochen beschuldigt der APC die nationale Wahlkommission der Befangenheit zugunsten der regierenden Sierra Leone People’s Party (SLPP) und warf der ECSL am Montag Mangel an Inklusivität, Transparenz und Verantwortlichkeit vor. Auch nationale und internationale Organisationen kritisierten den Wahlprozess. National Election Watch, ein Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Organisationen, wies am Dienstagabend auf angebliche Unregelmäßigkeiten in den von der ECSL veröffentlichten Daten hin. So käme eigenen Berechnungen zufolge Bio zwischen 47,7% und 53,1%, und Kamara zwischen 43,8% und 49,2% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung läge nach den Auswertungen von National Election Watch zwischen 75,4 und 79%, statt wie von der ECSL angegeben bei 83%. Wahlbeobachterinnen und -beobachter der europäischen Wahlbeobachtungsmission EU EOM kritisieren ebenfalls statistische Ungereimtheiten bei den von der Wahlkommission veröffentlichten Ergebnissen und forderten am Mittwoch die unverzügliche Offenlegung der nach Wahllokalen aufgeschlüsselten Daten, um eine öffentliche Überprüfung der Ergebnisse zu ermöglichen. Auch die USA, Großbritannien, Irland, Deutschland und Frankreich äußerten Besorgnis über die mangelnde Transparenz des Auszählungsprozesses und wiesen auf erhebliche logistische Probleme hin, die die Stimmabgabe in einigen Gebieten behinderten. Rund um den Wahltag kam es zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängerinnen und Anhängern der Opposition. Laut Kamara schossen Sicherheitskräfte nach der Wahl am Wochenende auf das Hauptquartier des APC, was er als versuchtes Attentat bezeichnete. Die Polizei bestritt dies jedoch; man habe lediglich Tränengas gegen protestierende Oppositionsanhängerinnen und -anhänger eingesetzt, die vor dem Hauptquartier andere Passantinnen und Passanten belästigt hätten. Die EU EOM verurteilte die Gewalt durch die Sicherheitskräfte, bei der eine Frau ums Leben kam. Die von der Bevölkerung befürchteten schwerwiegenden Proteste und politische Gewalt nach der Wahl blieben jedoch weitgehend aus. Die Wahl am Samstag war eine Neuauflage des Rennens von 2018, bei dem Bio, ein ehemaliger Putschistenführer, der mit einer fortschrittlichen Politik warb, erneut gegen seine Rivalen Kamara gewann. Die beiden Parteien SLPP und APC dominieren seit Jahrzehnten den westafrikanischen Staat entlang ethnischer und regionaler Linien und wechseln sich mit der Regierung ab. Die größten Herausforderungen für den wiedergewählten Bio liegen in der Bewältigung der schwerwiegenden wirtschaftlichen Probleme des Landes. So befindet sich Sierra Leone seit dem Ebola Ausbruch 2014 in einer andauernden Wirtschaftskrise und kämpft mit einer hohen Inflationsrate und hohen Arbeitslosenzahlen.

Außenministerin Baerbock in Südafrika

Am Dienstag reiste die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock zur elften Sitzung der Deutsch-Südafrikanischen Binationalen Kommission nach Pretoria, Südafrika, wo sie von ihrer Amtskollegin Naledi Pandor empfangen wurde und später auch Präsident Cyril Ramaphosa traf. Im Fokus der Binationalen Kommission stand insbesondere die Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel. Im Rahmen der Just Energy Transition Partnership unterstützt Deutschland gemeinsam mit den USA, Großbritannien, Frankreich und der Europäischen Union (EU) den Kohleausstieg und die Energiewende in Südafrika mit anfänglich 8,5 Mrd. US-Dollar, für die Deutschland rund 800 Mio. US-Dollar beisteuert. Die Stabilisierung des südafrikanischen Stromnetzes, das chronisch überlastet ist und im Zuge dessen es seit Jahren zu geplanten Abschaltungen kommt, habe Deutschland bereits mit 300 Mio. Euro unterstützt, so Baerbock. Ein weiteres zentrales Thema stellte die deutsch-südafrikanische Zusammenarbeit bei der Impfstoffproduktion dar. So unterstützt Deutschland mittlerweile die Errichtung eines mRNA-Impstofftransferzentrums und die Entwicklung von mRNA-Vakzinen in Südafrika. Weitere Punkte, die im Abschlussprotokoll der Binationalen Kommission festgehalten wurden, sind die Zusammenarbeit in den Bereichen Kompetenzentwicklung und grüner Wasserstoff. Beide Außenministerinnen betonten die Wichtigkeit der deutsch-südafrikanischen Beziehungen, wobei der Krieg in der Ukraine weiterhin ein zentraler Streitpunkt zwischen den beiden Staaten darstellt. Auch bei ihrem Besuch in Pretoria verurteilte Baerbock den russischen Angriffskrieg erneut aufs Schärfste und betonte die zentrale Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit, ohne dabei den internationalen Haftbefehl gegen Russlands Präsident Putin sowie die Frage nach dessen Vollstreckung, sollte Putin im August zum BRICS-Gipfel in Südafrika anreisen, direkt anzusprechen. Gleichzeitig begrüßte sie die afrikanische Friedensinitiative (Pressespiegel KW 25/2023) unter der Leitung des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa. Ihre südafrikanische Amtskollegin Pandor verteidigte derweil weiter die Neutralität Südafrikas und betonte, diese Haltung habe es Ramaphosa überhaupt erst ermöglicht, die Friedensinitiative zu starten. Die von Seiten der südafrikanischen Regierung proklamierte neutrale Haltung wird jedoch international stark als prorussische Haltung wahrgenommen und u.a. von den USA und zahlreichen Mitgliedsstaaten der EU, darunter auch Deutschland, scharf kritisiert. Die USA werfen Südafrika gar Waffenlieferungen an Russland vor, was das Verhältnis zuletzt weiter belastete. Vor ihrer Abreise traf Annalena Baerbock kurzfristig noch mit Präsident Ramaphosa zusammen, wobei das Gespräch, das ursprünglich auf 30 Minuten angesetzt war, über eine Stunde andauerte. Baerbock sollte ursprünglich bereits am Montag nach Südafrika reisen, um dort eine lokale Impfstoffproduktion in Kapstadt zu besuchen. Ihre Reisepläne änderten sich jedoch aufgrund eines kurzfristigen Treffens der EU-Außenministerinnen und -minister am Montag in Luxemburg anlässlich des bewaffneten Aufstandes der russischen Söldnergruppe Wagner in Russland am Wochenende, weshalb sie ihr Südafrikareise auf einen Tag verkürzte.

Und sonst?

Vom 22. – 24. Juni fand in Essaouira, Marokko zum 24. Mal das Gnaoua and World Music Festival statt. Unter dem diesjährigen Motto „Identität und Zugehörigkeiten“ wurden traditionelle marokkanische Gnaoua-Musik mit Jazz und Blues kombiniert. Sowohl international bekannte Musikerinnen und Musikern wie Eliades Ochoa (Buena Vista Social Club), der pakistanische Sänger Faiz Ali Faiz oder die belgische Reggae-Musikerin Selah Sue, als auch aufstrebende Gnaoua-Künstlerinnen und -Künstler begeisterten das Publikum. Die Gnaoua-Musik, die von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist, hat ihre Ursprünge in der spirituellen Musik der Nachkommen von Sklavinnen und Sklaven im Maghreb. Durch die einzigartige Verbindung von Gnaoua, Jazz und Blues spiegelte das Festival die reiche musikalische Geschichte und Tradition Marokkos wider. Gleichzeitig dient das Gnaoua and World Music Festival als Plattform, um die Werte der Gnaoua-Musik, wie Menschlichkeit, Zusammenleben und Brüderlichkeit, zu feiern und den interkulturellen Dialog zu fördern.

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