Pressespiegel KW 37/2023: Aus alt mach neu
Pressespiegel 8.9.2023 bis 15.9.2023

Gabun bildet Übergangsregierung

Nach dem Militärputsch in Gabun Ende August (Pressespiegel KW 35/2023) stellte der neu ernannte Premierminister Raymond Ndong Sima am Samstag sein Kabinett vor. Sima selbst war erst vergangene Woche von Interimspräsident General Brice Oligui Nguema offiziell zum Regierungschef erklärt und mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden. Zu den 26 Mitgliedern seines Kabinetts zählen sowohl ehemalige Regierungsmitglieder sowie Unterstützerinnen und Unterstützer des gestürzten Präsidenten Ali Bongo als auch dessen Widersacher, Angehörige des Militärs und der Zivilgesellschaft. So übernahm Sima insgesamt drei Ministerinnen und Minister aus der Bongo-Administration: Camélia Ntoutoume-Leclercq, die ihren Posten als Bildungsministerin behält, den früheren Außenminister Hermann Immongault, der zum bevollmächtigten Minister für Inneres ernannt wurde und Raphaël Ngazouzé, zuvor zuständig für berufliche Bildung, der nun das Ressort Öffentlicher Dienst übernimmt. Zum Justizminister ernannte Sima Paul-Marie Gondjout, der bis Oktober 2022 noch der Oppositionspartei Union Nationale (UN) angehörte, bevor er die Partei aufgrund interner Streitigkeiten verließ. Der wichtige Posten des Wirtschaftsministers ging derweil an den Wirtschaftsanalysten May Mouissi und somit an einen Vertreter der Zivilgesellschaft. Nicht in das Kabinett berufen wurde allerdings Albert Ondo Ossa, der bei den Präsidentschaftswahlen im August als Kandidat des größten Oppositionsbündnisses Alternance 2023 (A23) gegen Bongo ins Rennen gegangen und als Zweitplatzierter unterlegen war. Auch Premierminister Sima war sowohl bei den Wahlen 2023 als auch 2016 als Kandidat gegen Bongo angetreten, nachdem er zuvor viele Jahre als enger Vertrauter Bongos galt und von 2012 bis 2014 unter ihm als Regierungschef gedient hatte. Interimspräsident Nguema, der zugleich Vorsitzender des Komitees für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen (Comité pour la transition et la restauration des institutions, CTRI) ist, besetzte derweil die Führungspositionen des Zweikammer-Parlaments. Der Senat soll künftig von Paulette Missambo, Vorsitzende der Partei Union Nationale (UN), die sich ebenfalls auf das Präsidentenamt beworben hatte, geleitet werden. Der Vorsitz der Nationalversammlung ging indes an Jean-François Ndongou, der mehrfach Minister unter Ali Bongo war. Sowohl für den Senat als auch die Nationalversammlung wurden jeweils vier Vizepräsidentinnen und -präsidenten ernannt, davon jeweils eine Vertreterin oder ein Vertreter des Militärs, der bisherigen Regierungspartei und der Opposition sowie der Zivilgesellschaft ernannt. Darüber hinaus kündigte Nguema die Ernennung von rund 70 Abgeordneten für die Nationalversammlung sowie rund 60 Senatsmitgliedern an – zu welchem Zeitpunkt dies geschehen soll, ließ er zunächst offen. Laut Premier Sima werde das zentralafrikanische Land nun eine Transitionsphase von mindestens zwei Jahren benötigen, um den Übergang zu freien Wahlen und einer demokratischen Grundordnung zu vollziehen. Zu diesem Zweck werde man zu gegebenem Zeitpunkt eine Verfassungsgebende Versammlung einberufen. Ein echter Machtwechsel sei mit dem Putsch nicht einhergegangen, bemängeln derweil Kritikerinnen und Kritiker. Die neue Führungsriege weise deutliche Überschneidungen mit der politischen Elite der Bongo-Herrschaft auf. Abgesetzt wurde hingegen Marie-Madeleine Mborantsuo als Präsidentin des Verfassungsgerichts der gabunischen Republik – ein Amt, das sie bereits seit Gründung der Institution im Jahr 1991 innehatte. Sie galt in der Bevölkerung aufgrund ihrer Nähe zur Familie Bongo als umstritten. Gabuns Mitgliedschaften in der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECCAS) und der Afrikanische Union (AU) bleiben weiterhin suspendiert. Faustin-Archange Touadéra, der Präsident der Zentralafrikanischen Republik, wurde inzwischen durch die ECCAS als Vermittler zwischen dem regionalen Block und den gabunischen Machthabern eingesetzt. Beobachterinnen und Beobachtern zufolge ist die Sicherheitslage im Land weiterhin stabil. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu gab bereits bekannt, dass die in Gabun stationierten französischen Truppen ihre nach dem Staatsstreich zunächst suspendierten Aktivitäten im Rahmen einer militärischen Kooperation mit den gabunischen Sicherheitskräften wieder aufgenommen hätten. Die rund 400 Soldatinnen und Soldaten sind dort zu Ausbildungs- und Unterstützungszwecken in Gabun selbst und weiteren Partnerländern der Region stationiert.

Neues Kabinett in Simbabwe vereidigt

Am Dienstag wurde in Simbabwe das neue Kabinett von Präsident Emmerson Mnangagwa vereidigt. Das Kabinett setzt sich aus insgesamt 26 Ministerinnen und Ministern zusammen und wächst somit um 6 Ministerposten im Vergleich zum Vorgängerkabinett. Die Posten gingen dabei größtenteils an Mitglieder der Regierungspartei Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU-PF) und Loyalisten von Präsident Mnangagwa, während die größte Oppositionspartei Citizens Coalition for Change (CCC) leer ausging. Bereits am vergangenen Freitag wurden Mnangagwas Vizepräsidenten, Constantino Chiwenga, der bereits in der letzten Legislaturperiode das Amt des ersten Vizepräsidenten innehatte, und Kembo Mohadi, vereidigt, wobei insbesondere die Ernennung von Mohadi auf breite Kritik stieß. Dieser war vor zwei Jahren aufgrund verschiedener Affären u.a. mit einer Angestellten von eben diesem Amt zurückgetreten. Mohadi gilt als enger Vertrauter und möglicher Nachfolger von Mnangagwa. Auch die Ernennungen von Mnangawas Sohn David Kudakwashe Mnangagwa zum stellvertretenden Finanzminister sowie seines Neffen Tongai Mnangagwa zum stellvertretenden Tourismusminister sorgten für Unmut. Die Oppositionspartei CCC warf dem Präsidenten Nepotismus vor. Kontroverse Diskussionen löste auch die Wiederernennung von Mthuli Ncube als Finanzminister aus, dessen Erfolgsbilanz bisher eher gemischt ausfiel. Ncubes Wiederernennung galt zuletzt als fraglich, nachdem dieser bei der Wahl für einen Parlamentssitz in Bulawayo, Simbabwes zweitgrößten Stadt, gegen einen Kandidaten der CCC verloren hatte. Entsprechend machte Präsident Mnangagwa bei Ncubes Wiederernennung von einer Regelung Gebrauch, die es ihm ermöglicht, fünf nicht gewählte Beamtinnen und Beamte in sein Kabinett zu berufen. Diese Regelung war bereits bei Ncubes erster Berufung als Finanzminister im September 2018 angewendet worden. Neben Ncube umfasst Mnangagwas Kabinett weitere alt bekannte Gesichter, darunter Oppah Muchinguri, die ihren Posten als Verteidigungsministerin behält, Kazembe Kazembe, Minister für Inneres, Ziyambi Ziyambi, Minister für Justiz, Recht und parlamentarische Angelegenheiten; Anxious Masuka, Minister für Land, Landwirtschaft, Fischerei und ländliche Entwicklung und Amon Murwira, Minister für Hochschulbildung. Die Leitung des wichtigen Bergbauministeriums ging an Soda Zhemu, der zuvor den Posten des Energieministers innehatte. Von Frauenrechtsorganisationen wird zudem die Unterrepräsentanz von Frauen in Mnangagwas Kabinett kritisiert: Lediglich sechs der insgesamt 26 Ministerposten wurden mit einer Frau besetzt. Mit der Vereidigung der neuen Regierung sowie des neuen Parlaments sinken auch die Erfolgsaussichten der CCC, eine Anfechtung der Wahlergebnisse zu erreichen. Diese hatte sich an die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC) gewandt, um eine Annullierung des Wahlergebnisses zu erreichen, nachdem sie den Rechtsweg aufgrund der Befangenheit der Justiz ausgeschlossen hatte. Die SADC Wahlbeobachtungsmission hatte zuvor den Ablauf der Wahlen überraschend heftig kritisiert (Pressespiegel KW 35/2023). Nach der Verkündung des Wahlergebnisses, das von den Oppositionsparteien aufgrund von Irregularitäten, Gewalt und Fehlverhalten während des Wahlprozesses abgelehnt wurde, kam es in einigen Teilen des Landes zu Ausschreitungen, Unruhen, Verschleppungen von und Angriffen auf Oppositionskandidatinnen und -kandidaten sowie willkürlichen Festnahmen und Misshandlungen von Oppositionunterstützerinnen und -unterstützern durch simbabwische Sicherheitskräfte.

Und sonst?

Der senegalesische Autor Mohamed Mbougar Sarr wurde am Samstag mit dem Internationalen Literaturpreis 2023 für sein Buch “La plus secrète mémoire des hommes” (dt. „Die geheimste Erinnerung der Menschen“) ausgezeichnet. Der Preis ging auch an das Übersetzerduo Holger Fock und Sabine Müller, die Sarrs Roman ins Deutsche übersetzten. Der Bildungsroman erzählt die Geschichte des jungen Senegalesen Diégane, der sich auf die Suche nach einem rätselhaften Autor begibt. Seine Suche führt ihn in verschiedenste Teile der Welt und konfrontiert ihn mit dem komplexen Erbe des Kolonialismus. Der Internationale Literaturpreis wurde bereits zum fünfzehnten Mal vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin gemeinsam mit der Stiftung Elementarteilchen verliehen. Dieses Jahr war der Preis mit 35.000€ dotiert. Sarr wurde für sein Buch bereits 2021 mit dem bedeutendsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, geehrt.

Sondermeldung: Afrikanische Union wird ständiges Mitglied der G20

Am Samstag verkündete der indische Premierminister und aktueller Vorsitzender der G20, Narendra Modi, die Aufnahme der Afrikanischen Union (AU) als ständiges Mitglied der G20-Gruppe. Die Entscheidung wurde einstimmig auf dem 18. G20-Gipfel in Neu-Delhi getroffen. Bisher war der afrikanische Kontinent nur durch Südafrika in der Staatengruppe vertreten, die AU nahm lediglich als Gast an den Gipfeltreffen teil. Sie ist nach der Europäischen Union (EU) der zweite regionale Block, der der Gruppe beitritt. Die Aufnahme der AU ist die erste Erweiterung der Organisation seit ihrer Gründung im Jahr 1999. Die G20 bestanden bisher aus 19 Staaten und der EU und repräsentierten ca. 85 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts, mehr als 75 Prozent des globalen Handels und zwei Drittel der Weltbevölkerung. In diesem Jahr nahm zudem auch Afrikas bevölkerungsreichstes Land Nigeria als Gast am Gipfel teil, das Berichten zufolge ebenfalls eine Mitgliedschaft in der Staatengruppe in Erwägung zieht.

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